Schlaganfallpfad Österreich – ÖGN – ÖGSF

Positionspapier

Schlaganfallpfad Österreich – ÖGN – ÖGSF

zur Vorlage im BMG am 26.8.2015

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Präambel

Der Schlaganfall ist durch eine sehr vielfältige klinische Präsentation gekennzeichnet. Die Abgrenzung gegen andere Erkrankungen (“Stroke Mimics”) bedarf großer neurologischer Erfahrung. Für die Akuttherapie und Sekundärprävention muss die Schlaganfallätiologie geklärt und in der Therapieentscheidung berücksichtigt werden. Ursachen und Zielsetzungen sind mannigfaltig und erfordern oftmals den Einsatz hochspezialisierter Verfahren.

Das moderne Schlaganfallmanagement umfasst neben den unmittelbaren rekanalisierenden Maßnahmen die Frühmobilisierung und Rehabilitation, frühe Sekundärprävention und die konsequente Vermeidung und Behandlung von Komplikationen (Post-Stroke Disease Management). Die Behandlung erfolgt in neurologischen Abteilungen durch das multiprofessionelle Stroke Team an spezialisierten Stroke Units. Der Aufbau einer integrierten Versorgung Schlaganfall mit klaren SOPs und Netzwerken für das prähospitale und intrahospitale Management ist mittlerweile Standard und auch durch erste Outcome-Studien in seiner Effektivität belegt. Dem wird für Österreich mit dem vorliegenden Qualitätsstandard entsprochen. Eine besondere Herausforderung ist die optimale Triage von SchlaganfallpatientInnen (wohnortnahe Versorgung vs. Zentrum). Dies wird durch die Einbindung des Notarztes und einen klar definierten Pfad mit geeigneten Entscheidungsalgorithmen sichergestellt. Die enge Vernetzung des extra- und intramuralen Bereiches und die Optimierung der Prozessabläufe ermöglichen den gezielten Einsatz der zeitnahen Thrombolysetherapie und verbessern die Prognose erheblich. Hier gilt es den in Österreich im internationalen Vergleich hohen Anteil der SchlaganfallpatientInnen, die von einer Thrombolyse profitieren, zu festigen und weiter auszubauen. PatientInnen mit schweren Schlaganfällen können zudem von einer endovaskulären Therapie (Thrombektomie) profitieren. Diese Therapieoption hat sich erst in den letzten Jahren ergeben und hat für die Akutversorgung von SchlaganfallpatientInnen weitreichende Konsequenzen. Entscheidend für den Erfolg dieser “neuen” Therapie und die optimale Nutzung der begrenzten Ressource (wenige Interventionszentren) sind eine rasche und sorgfältige Auswahl geeigneter PatientInnen und eine kontinuierliche begleitende Qualitätskontrolle. Das bestehende flächendeckende Stroke-Unit-Netzwerk muss hier die zentrale Drehscheibe sein. Weitere Herausforderungen beim Schlaganfall liegen in den unterschiedlichen Therapiezielen, in der sozialen und beruflichen Reintegration, der erforderlichen Behandlung von schweren Begleitschäden (z.B. kognitive Einbußen und Gangstörungen), dem häufigen Auftreten von Spätkomplikationen und der Sicherstellung einer bestmöglichen Sekundärprävention.

Die Frührehabilitation beginnt auf der Stroke Unit und muss parallel zu den weiteren medizinischen und pflegerischen Maßnahmen nach dem Stufenkonzept (Phasen B und C) im Akutspital fortgeführt werden bis der/die Patient/in in medizinisch stabilem Zustand in einer stationären oder ambulanten neurorehabilitativen Einrichtung führbar ist. Der wissenschaftliche Nachweis für eine signifikante Reduktion von Mortalität (absolute Risikoreduktion (RR) 14%) sowie von Tod und Notwendigkeit einer Versorgung im Pflegeheim (absolute RR 18%) wurde für ein “comprehensive stroke unit”-Konzept erbracht, welches Akutbehandlung (akute Stroke Unit) und post-akute Nachbetreuung (Phase B und C) umfasst. Dieser Nutzen ist additiv zu der rekanalisierenden Therapie (Thrombolyse; Cochrane Database Syst Rev. 2007 Oct 17; (4):CD000197). Das SU-Konzept per se führt zu besserem Outcome.

Nach einem Schlaganfall bestehen individuell verschiedenste medizinische, pflegerische, rehabilitative und soziale Bedürfnisse und Notwendigkeiten. Konzepte einer individuell abgestimmten Nachsorge sind erforderlich und sollten im Rahmen von Studien erarbeitet werden.

Die Stroke Unit mit den nachgeschalteten Strukturen der Frührehabilitation (nach Phase B und C) ist in ein vertikales und horizontales Netzwerk eingebunden: das vertikale Netzwerk umfasst den vorgeschalteten prähospitalen Versorgungsbereich und den nachgeschalteten Bereich der Rehabilitation und Schlaganfall-Nachsorge. Horizontal besteht die Vernetzung zu (interventioneller) Radiologie, neurologischer Intensivmedizin, Neurochirurgie, Kardiologie und anderen internistischen Sonderfächern (z.B. Diabetologie, Gastroenterologie), Gefäßchirurgie, Orthopädie und Psychiatrie. Die Expertise der Schlaganfallversorgung in allen Handlungsfeldern (Prävention, Akutbehandlung, Rehabilitation, Nachsorge) ist im multiprofessionellen neurologischen Team der Stroke Unit mit Nachsorge (B, C) verankert. Diese Expertise muss für die gesamte Versorgungskette, vom prähospitalen Management bis zur Optimierung der Nachsorge, entsprechend genutzt werden.
In Österreich besteht ein zunehmend flächendeckendes Netz von Stroke Units (aktuell 38), an 11 Stroke Units wird auch die mechanische Embolektomie entweder innerhalb der Neurologie selbst oder in Zusammenarbeit mit interventioneller Radiologie oder Neurochirurgie angeboten (überregionale Stroke Units). Ziel ist, alle Patientinnen/Patienten mit Schlaganfall in Österreich über diese Stroke Units zu versorgen.

ZielpatientInnen: PatientInnen mit ischämischem Schlaganfall oder hämorrhagischem Schlaganfall (exklusive SAB)

Definition Schlaganfall:

Plötzlich einsetzende Funktionsstörung des Gehirns bzw. einer Hirnregion bedingt durch eine Durchblutungsstörung oder Hirnblutung

Definition Hirninfarkt (I63.x)

Jeder frische Hirninfarkt im CCT oder MRT ist als Schlaganfall zu klassifizieren Ist die Symptomatik “TIA”-artig abgelaufen, so ist trotzdem zu kodieren, wenn im CCT oder MRT ein frischer Hirninfarkt vorliegt

Jedes akute (vaskulär ischämisch bedingte) Ereignis, dessen fokale Ausfälle (z.B. Hemiparese) sich nicht innerhalb von 24 Stunden zurückgebildet haben, ist als Schlaganfall zu klassifizieren. Auch wenn sich im CCT oder MRT kein Infarktareal demarkiert.
Definition TIA:

Passageres fokal-neurologisches Defizit mit Rückbildung innerhalb von 24h.

Definition Hirnblutung (I61.x)

Schlaganfall mit im CCT oder MRT nachweisbarer intrazerebraler Blutung

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